Yoga Sutra
Yoga Sutra – der traditionelle Leitfaden des Yoga

Yoga Sutra – der traditionelle Leitfaden des Yoga

Was ist das Yoga Sutra, was steht drin und wer hat es geschrieben?

Autorin: Inken Probst | 18.06.19

Yoga Sutra – der traditionelle Leitfaden des Yoga

Yoga Sutra – Was Yoga ist und was den Yoga-Weg auszeichnet?

Im Yoga ist häufig vom Studium der traditionellen yogischen Schriften die Rede. Eine dieser Schriften ist das „Yoga Sutra“, ein ca. 2000 Jahre alter Text, der als der zentrale Ursprungstext des Yoga gilt. Hier erfährst du alles darüber, was in dieser Schrift drinsteht, was das für deinen Yoga-Weg und deinen Alltag bedeutet und wer diesen Text geschrieben hat.

Was ist das Yoga Sutra?

Was ist das Yoga Sutra?

 

„Yoga Sutra“ ist ein Sanskrit-Begriff, der sich mit „Yogaleitfaden“ übersetzen lässt. Vor ca. 2000 Jahren wurde diese Schrift von Patanjali, einem indischen Gelehrten, verfasst. Sie gilt als der Ursprungstext des Yoga und sie ist tatsächlich eine der ältesten Überlieferungen der Yogatradition.

Der Text besteht aus 195 Versen, die sich auf 4 Kapitel verteilen. Es handelt sich also um eine sehr knapp gehaltene Beschreibung des Yoga, die auch sprachlich sehr einfach gehalten ist, weswegen sich die Übersetzungen, Kommentare und Interpretationen zum Teil sehr stark unterscheiden.

Abgesehen von einer Übersetzung ins Arabische ca. im Jahre 1000 blieb das Yoga Sutra bis vor wenigen Jahrhunderten außerhalb Indiens unbeachtet. Mit dem Interesse am Yoga in Europa und Nordamerika wuchs jedoch auch das Interesse an den traditionellen Yogaschriften, weswegen die Schrift mittlerweile in viele Sprachen übersetzt wurde.

Kurz zusammengefasst geht es in diesem Yogaleitfaden darum, was Yoga ist, was den Yoga-Weg auszeichnet und wie Yogis zu sich selbst und damit Erleuchtung finden können.

Gut zu Wissen

Wer war Patanjali?

Wer war Patanjali?

 

Patanjali war ein indischer Gelehrter, über dessen Leben nichts bekannt ist. Es wird aber angenommen, dass er zwischen dem 2. Jahrhundert v.Chr. und dem 4. Jahrhundert n.Chr. gelebt hat.

Um seine Herkunft ranken sich verschiedene Legenden. Die eine besagt, dass seine Mutter Gonika war, die als Asketin lebte und den Sonnengott Surya um einen Schüler bat, um ihr Wissen weitergeben zu können. Da fiel eine Schlange vom Himmel, die sich in einen Jungen verwandelte, und sie darum bat, ihr Schüler sein zu dürfen.

Der Name Patanjali setzt sich aus „pat“ (fliegen, herunterfallen) und „anjali“ (Gruß-, Bethaltung) zusammen.

Aufgrund der Legenden um seine Herkunft wird Patanajali häufig als Mischwesen dargestellt. Der Unterkörper ist der einer Schlange und der Oberkörper der eines Mannes.

Erstes Kapitel: Samadhi Pada (Über die Erleuchtung)

Erstes Kapitel: Samadhi Pada (Über die Erleuchtung)

 

Im ersten Kapitel definiert Patanjali, was Yoga eigentlich ist: „Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Bewegungen im Geist“ (Yoga Sutra 1.2). Er erklärt, dass das Ziel dabei ist, sein wahres Selbst zu erkennen.

Es wird erklärt, dass Samadhi ein überbewusster Zustand ist und dass es unterschiedliche Arten von Erleuchtung gibt.

Patanjali erläutert in diesem Kapitel außerdem, was der Geist ist, wie er funktioniert, wie man seinen Geist und seine Gedanken beherrschen kann und dass das kein schneller und einfacher Weg ist. „Ohne Zweifel stellt sich Erfolg ein, wenn eine gut fundierte Praxis über lange Zeit, ohne Unterbrechung, mit Ernsthaftigkeit und Bedacht geübt wird“ (Yoga Sutra 1.14).


Zweites Kapitel: Sadhana Pada (Über die Praxis)

Zweites Kapitel: Sadhana Pada (Über die Praxis)

 

In diesem Kapitel beschreibt Patanjali die Leiden (Kleshas), die das Handeln und Denken der Menschen beeinflussen, und deren Ursachen und Wirkungen.

Er erläutert, was Karma ist und wie die spirituelle Praxis auszusehen hat. „Eine Praxis mit Strenge und Achtsamkeit sich selbst gegenüber, ohne Verhaftung an das Resultat, wird Kriya-Yoga genannt“ (Yoga Sutra 2.1).

Patanajali definiert den Yoga-Weg, der sich aus 8 verschiedenen Gliedern zusammensetzt:



Yoga Sutra – Die vier Kapitel des Yoga Sutras

Yoga Sutra – Die acht Pfade des Yogas

  • Yama (Moral, Ethik): Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Nicht-Stehlen, Keuschheit, keine Begierde
  • Niyama (Selbstdisziplin): Reinheit, Zufriedenheit, Disziplin, Selbststudium, Hingabe
  • Asana (Körperübungen)
  • Pranayama (Kontrolle des Atems)
  • Pratyahara (Rückziehen der Sinne nach innen)
  • Dharana (Konzentration)
  • Dhyana (Meditation)
  • Samadhi (Erleuchtung, Versenkung)


In diesem Kapitel werden die ersten 5 Aspekte des achtgliedrigen Yoga-Pfades ausführlich beschrieben.


Drittes Kapitel: Vibhuti Pada (Über die Resultate)

Drittes Kapitel: Vibhuti Pada (Über die Resultate)

 

Patanjali geht hier ausführlich auf die letzten drei Aspekte des achtgliedrigen Yoga-Pfades ein: Konzentration (Dharana), Meditation (Dhyana) und Erleuchtung (Samadhi).

Er erklärt deren Auswirkungen und geht besonders intensiv auf die außergewöhnlichen Fähigkeiten ein, die man durch Konzentration erreichen kann. Die Übenden finden dann zu klaren Erkenntnissen und können zwischen ihrem denken Selbst (citta) und dem erkennenden Bewusstsein unterscheiden.


Viertes Kapitel: Kaivalya Pada (Über die Befreiung)

Viertes Kapitel: Kaivalya Pada (Über die Befreiung)

 

Hier geht Patanjali noch einmal auf einige Themen ein, die er bereits behandelt hat, weswegen das letzte Kapitel weniger strukturiert und zusammenhängend erscheint.

Schlussendlich beschreibt er noch einmal ausführlich die Befreiung des Selbstes durch den Yoga.


Wie integriere ich das Yoga Sutra in meinen Alltag?

Wie integriere ich das Yoga Sutra in meinen Alltag?

 

Das Yoga Sutra ist kein Buch, das man einmal liest und dann vollständig erfasst hat. Es handelt sich um einen Leitfaden, der zu einem Leben in Freiheit führen soll und dessen Regeln im Alltag befolgt werden sollen.

Ursprünglich diente diese Schrift Yogalehrern dazu, ihrem Schüler die Inhalte und die Bedeutung des Yoga zu vermitteln, indem er ihm Vers für Vers erklärte. Der Schüler musste diese Verse auswendig lernen, was seinen Geist und sein Gedächtnis trainieren sollte.

Heutzutage muss das Yoga Sutra natürlich nicht mehr auswendig gelernt werden. Es wird auch nur selten öffentlich rezitiert, da es im Gegensatz zur Bhagavad Gita und den Upanishaden keinen Mantra-Charakter hat und somit keine bestimmte Wirkung erzeugt.

Den 8 Stufen des Yoga, die Patanjali so ausführlich beschreibt, wird jedoch noch immer eine große Bedeutung zugesprochen. Besonders die Yamas und Niyamas, also die moralisch-ethischen Verhaltensregeln zum Umgang mit anderen und sich selbst, werden als wichtiges Fundament für eine spirituelle und ganzheitliche Yoga-Praxis angesehen.

Diese Grundwerte helfen uns, im Alltag bewusst und achtsam zu handeln, uns nicht nur von unseren Sinnen leiten zu lassen, und uns zu öffnen für Neues und Höheres, sodass wir die höheren Ebenen des Bewusstseins erfahren können.

 

„Der Weg des Yoga ist einzigartig. Yoga ist einzig und allein eine Erfahrung, und die muss man erleben, um sie zu kennen.“ (Patanjali)


Weiterführende Literatur:

Desikachar, T.K.V.: Über Freiheit und Meditation. Das Yoga Sutra des Patanjali. Eine Einführung. Petersberg: Via Nova Verlag, 2006.

Iyengar, B.K.S.: Der Urquell des Yoga: Die Yoga-Sutras des Patanjali. München: O.W. Barth Verlag, 2010.

Skuban, Ralph: Patanjalis Yogasutra: Der Königsweg zu einem weisen Leben. München: Arkana Verlag, 2011.

Sriram, R: Patanjali. Das Yogasutra: Von der Erkenntnis zur Befreiung. Bielefeld: Theseus Verlag, 2013.

Wolz-Gottwald, Eckard: Die Yoga-Sutras im Alltag leben: Die philosophische Praxis des Patanjali. Petersberg: Via Nova Verlag, 2014.

 

 

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Inken Probst Autorin bei YOGA STILVOLL.

Über Inken Probst als Autorin

Ich habe Germanistik studiert und dabei meine Freude am ausführlichen Recherchieren und Schreiben über Themen, die mir am Herzen liegen, entdeckt. Mit Yoga und Meditation kam ich während meiner ersten Schwangerschaft in Berührung und mittlerweile übe ich beides regelmäßig, um meinem häufig anstrengenden Alltag besser begegnen zu können und um mir eine Auszeit zu gönnen. Mit meinen Texten für YOGA STILVOLL möchte ich andere Menschen an meiner Leidenschaft für Yoga teilhaben lassen und auf verständliche Weise über wichtige und spannende Themen informieren.

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