Karma im Buddhismus
Siddhartha Gautama (der spätere Buddha) gilt als Gründungsfigur des Buddhismus. Seine Lehren wurden bereits nach seinem Tod ganz unterschiedlich ausgelegt und interpretiert. Die buddhistischen Traditionen entstanden u.a. als Kritik an der vedischen Religion und dem dominierenden Brahmanismus, der sich stark auf den Ritualkult stützte.
Statt nun, wie im Brahmanismus üblich, zwischen rituell-akzeptierten und verbotenen Taten auszugehen, wurde in der buddhistischen Lehre erstmals nur zwischen guten und schlechten Handlungen unterschieden.
Somit war die moralische Deutung einer Handlung nicht mehr an das rituelle Verhalten einer Person (und damit gleichzeitig an deren gesellschaftlichen Status und die Kastenzugehörigkeit) gebunden, sondern konnte auf alle Individuen der Gesellschaft gleichermaßen und ohne Unterschiede angewendet werden.
Als Grundlage für die moralische Wertung einer Tat galt deswegen vor allem der innere Wille und die Einstellung der Person. Je nach Absichtlichkeit der Handlung konnten nun Schuld oder Unschuld bewertet werden.
In seinen Reden betonte Siddhartha Gautama, dass die Existenz eines Menschen nicht allein die Folge früherer Handlungen und deren Auswirkungen sei, sondern auch auf der freien Entscheidungsfähigkeit beruhen würde. In der buddhistischen Lehre spielt deshalb die ,Formel vom abhängigen Entstehen‘ eine wichtige Rolle
Jainismus und Karma
Der Jainismus wurde um 500 v. Chr., ähnlich wie der Buddhismus, als Reaktion auf die Vormachtstellung der Brahmanen in der vedischen Religion gegründet. Ziel im Jainismus ist es, die Seele von Karma zu befreien, um die eigenen Fähigkeiten ungehindert hervorzuheben. Nur so könne ein Mensch zu Erkenntnis und seelischer Aktivität gelangen.
Für Jinisten stellt Karma die Bindung an die Materie dar. Es ist eine fein-stoffliche Substanz, die der Seele anhaftet. Durch die karmische Anhaftung an die Seele wird die ursprüngliche Erkenntnisfähigkeit eines Menschen verdunkelt.
Karma-Partikel befinden sich überall im Kosmos verteilt, sind aber in ihrem schwebenden Zustand noch moralisch neutral. Erst durch die Entscheidungen und Taten des Einzelnen bekommen sie ihre positive oder negative Eigenschaft.
Zur Bindung an die Seele kommt es vor allem durch Leidenschaften und Verunreinigungen im menschlichen Handeln. Dabei kann es sich um Gefühle wie Gier, Wut oder Stolz handeln.
Auf einen Blick
In den jinistischen Schriften gibt es viele verschieden Einteilungen und Unterscheidungen des Konzepts. Hier sind die 8 Grundtypen des Karma aufgelistet:
- Wissenverschleierndes Karma
- Karma, durch das die Wahrnehmung oder das Sehen verschleiert wird
- Karma, durch das Leid oder Lust empfunden werden kann
- Verwirrendes Karma
- Karma, durch das die Lebensdauer eines Menschen bestimmt wird
- Karma, das die Zugehörigkeit zu einer Art, die körperliche Verfassung und diverse Besonderheiten einer Person bestimmt
- Karma, durch das der persönliche Status eines Menschen festgelegt wird
- Karma, das die Energie und unterschiedlichen Fähigkeiten eines Lebewesens beeinträchtigt
Die Grundlage, um dem Kreislauf der Wiedergeburten zu entgehen, besteht darin, die Charakteristika des Karma zu kennen. Nur so kann er schließlich überwunden werden. Das Ziel dabei ist immer die Selbstreinigung der Seele und die damit verbundene Loslösung von der Anhaftung an die Welt.
Karma im Hinduismus
Die frühen Auffassungen im Hinduismus sahen den ethischen Gehorsam eines Menschen als Weg zur Erlösung. Das Leben eines Hindu war von seinen jeweiligen Pflichten und Schulden geleitet. In seiner heutigen Bedeutung war der Begriff noch nicht vorhanden.
Erwähnung findet das Konzept bereits in der Bhagavat Gita. In einem Gespräch zwischen Arjuna und Gott Krishna wird gezeigt, dass Zwang und Gewalt, auch wenn sie den eigentlichen Prinzipien des Karma widersprechen, in manchen Situationen nicht unmoralisch sind, solange sie auf dem persönlichen Dharma eines Menschen beruhen.
In einer späteren, einheitlicheren Auslegung des Konzepts wird beschrieben, dass eine Person überwiegend durch seine Selbstkontrolle Pflichten erfüllen kann. Begierde, Wut und Gier seien für die menschliche Natur zerstörerisch. Das bedeutet, dass das Resultat einer Handlung nicht durch eine äußere Macht auf eine Einzelperson gelegt wird, sondern Teil der Handlung ist.
Die spätere karmische Lehre des Hinduismus zeigt—ähnlich wie im Buddhismus und Jainismus—dass jeder Mensch seine Zukunft selbst bestimmen kann, indem er/sie in der Gegenwart durch die entsprechenden Handlungen die erwünschten Effekte erzielt. Solange eine Person ihre Leidenschaften nicht unter Kontrolle hat, ist auch die Mitbestimmung am eigenen Schicksal nur begrenzt.